Traditionelle Klostermedizin im neuen Gewand
Meditation wird im psychologischen Lexikon (Dorsch, 2004) als intensives Betrachten, Sich-Versenken und nachdenkendes Eindringen beschrieben. Es geht einher mit Schweigen, Entspannung und einem inneren Lauschen. Da sitze ich auf einer einfachen Holzbank im Schatten eines Kreuzganges mit Blick auf prächtig gedeihende Pflanzen und Kräuter. Kein Laut, keine störenden Geräusche. Nur ich, der warme Sommerwind und das Plätschern des Wasserbassins. Die Füsse weit von mir gestreckt versinke ich im Betrachten, und fühle Leere und Stille in mich einkehren.
Kreuzgang neu
Das Alte im Neuen
Ich schreibe hier von keinem magischen Ort, welcher meiner Phantasie entspringt. Im Salzburger Land, keine 2 Kilometer entfernt vom malerischen Wolfgangssee belebt eine benediktinische Gemeinschaft die traditionelle Klostermedizin neu. Seit Jahrhunderten sammeln und praktizieren christliche Klöster heilkundliche Erfahrungen bei der Behandlung von Leib, Seele und Geist. Die Brüder des Europaklosters Gut Aich haben dafür auf ihren Anwesen Plätze und Räume geschaffen. Einer davon ist der Hortus Conclusus – in der Gestaltung eines Kreuzganges mit einem klassischen Kräutergarten. Losgelöst von den anderen Gebäuden des Klosters, abgegrenzt von einer einstöckigen Mauer steht er fast auf freiem Feld. Mit einem einzigen Schritt durch das offene Tor verlässt man das räumliche Aussen und findet sich wieder an einem fernen lebendigen Ort. Nur der Blick über die geziegelten Dächer der Gänge birgt einen Bezug zur Alpenlandschaft.
Viele alte Bekannte sind in diesem Garten versammelt. Fluchten und kleine Pfade laden zu Erkundungsgängen ein. Staunend lässt sich der Engelswurz umrunden, geduldig der Ysop beschnuppern, beruhigend der Baldrian beim Blühen zusehen. Alle Beete sind ausgeschildert. Der Besuch dieses Kräutergartens kann durchaus zur lehrreichen Erfahrung werden.
Hildegards Spuren im Winkel
Die kleine Ortschaft Winkel ist von der Anwesenheit der Benediktiner geprägt. Neben dem Klostergebäude dem spirituellen Zentrum, verteilen sich über den Ort, Kunstwerkstätten, Gästehaus und das Hildegardzentrum – ein physio- und psychotherapeutisches Ambulatorium. Im Hildgardkräutergarten werden sorgsam in Reih und Glied Heilpflanzen und Kräuter für die Weiterverarbeitung kultiviert. Auf mich wirkt er wie ein überdimensionierter Bauerngarten. Die Pflänzchen werden von Hand gepflegt und gehegt. Es ist ein Bild wie aus alten Zeiten, als man sich über Schadstoffbelastung keine Gedanken machen brauchte. Ein Blick über den Gartenzaun ist lohnenswert für jeden Pflanzenfreund. Hildegard von Bingens oft besprochene ‚Grünkraft‘ wird förmlich spürbar.
Spiritualität erleben
Die Gärten sind keine Zurschaustellung einer dem Zeitgeist entspringenden Strömung. Begegnet man den Mönchen persönlich, dann wird ihre tiefe Spiritualität und die Verbundenheit mit der Natur und den Dingen, die sie umgeben erlebbar. Ihre offene Einladung zum Mitfeiern der Gottesdienste ist ein Schlüssel zu einer meditativen Erfahrung. Völlig neu und doch den Traditionen verwoben, in ein und denselben Glauben, lässt die Gemeinschaft die Menschen an ihrem Ort des Friedens und der Liebe teilhaben. Klopft man an die Pforte, trifft man auf liebenswerte hilfsbereite Menschen. Die benediktinische Gastfreundschaft ist herzwärmend.
Das Europakloster Gut Aich befindet sich auf dem Bergsattel zwischen Mondsee und Sankt Gilgen im Ort Winkl. Mit den öffentlichen Verkehrsmitteln ist es gut zu erreichen. Zahlreiche Fuss-, Rad- und Wanderwege kreuzen diesen freundlichen Platz.
Anfahrt und Internet-Adresse:
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