Die historischen Gärten der Zisterzienser im Stift Zwettl
Nach Zwettl kann man wegen des Bieres fahren, oder es sich praktischerweise im nächstgelegenen Getränkemarkt besorgen. Fährt man jedoch durch das niederösterreichische Waldviertel in Richtung Zwettl, wird man unweigerlich auf die Abtei der Zisterziensermönche aufmerksam gemacht. Das ist auch notwendig, denn sie liegt versteckt inmitten der Wälder des Kamptales. Folgt man von der Ortschaft Zwettl dem Wanderweg, schiebt sich nach und nach der Orientierung bietende Turm der Stiftskirche aus dem Wald empor. Der Weg zum Zisterzienserstift lohnt sich für Jung und Alt, Gross und Klein, für die Kulturliebhaber, Wanderer, Radfahrer, Entdecker, Ruhesuchenden, Naturfreunde und spirituell Interessierten. Stift Zwettl hält für jeden etwas parat – ganz nach Lust und Laune!
Die meisterhaften Gärtner des Waldviertels
Die Abtei im Kamptal
Als die Zisterzienser sich Ende des 11. Jahrhunderts gründeten, wollten sie Gott zum Lob von der eigenen Hände Arbeit leben – gemäss der Regel des heiligen Benedikt (RB 48, 8). Zu ihrem Konzept zählten die Abgeschiedenheit und die Einfachheit. Die Klostergründungen platzierten sie bewusst weit ab von Verkehrswegen und Ansiedelungen, abgeschieden oft nah an Wasserläufen und in Flussauen. Man kann sagen: sie waren nah am Wasser gebaut.
Dass es sich beim Stift Zwettl um keine reiche Abtei handelte, kann man deutlich an der Baugeschichte des Klosterkomplexes ablesen. Im Laufe der Jahrhunderte wurde die Bausubstanz stückweise ergänzt. Immer wieder kamen bauliche Erweiterungen hinzu. Anhand der einzelnen Bauetappen ist die Historie und die Entwicklung des Stiftes deutlich lesbar. Jede bauliche Erweiterung repräsentiert den jeweiligen Geschmack der Bauepoche. So kann man wunderbar die Zeiten des Aufschwungs und der Blüte anhand verschiedener Baustile nachvollziehen. Das gilt auch für die Gärten. Die neuesten Anlagen sind die zur Kamp gelegenen Terrassengärten. Der Prälatengarten entstand im Zeitalter des Barocks. Einen Ausflug ins Mittelalter stellt der Besuch des Kreuzgartens mit seinem beeindruckenden Kreuzgang im Zentrum des Stifts dar.
Meditatives Wandeln im Kreuzgang
Der Kreuzgarten ist ein ganz eigener Kosmos, eine Kunstwelt völlig abgeschieden von der Aussenwelt, aber den Witterungseinflüssen, der Stimmung des Tageslichtes und den Jahreszeiten ausgesetzt. Die Stille des Gartens wird unterbrochen und widerum betont durch das unaufhörliche Plätschern des Wassers in der Brunnenschale.
Ausgehend von den Gründungen der ersten Zisterzienserklöster etablierten die Mönche einen eigenen Baustil. Der Verzicht auf schmückende farbliche Elemente und die Reduktion auf einfache Formen, brachte eine für die Zisterzienser typische Bauästhetik hervor. Das schlichte Regelwerk der steinernen Strukturen steht im erstaunlichen Kontrast zur Pracht des grünenden Kreuzgartens. Er ist zugleich die Quelle des Lichts, dass durch die Spitzbögen in den mit Kreuzrippengewölbe geschmückten Kreuzgang leuchtet. Die feierliche Inszenierung des lebenswichtigen Elements Wasser im als Wandelpavillion gestalteten Brunnenhaus setzt einen Kontrapunkt in der strengen Geometrie der Gotik.
Die Kräuterbeete auf den Terrassengärten
Die Gärten des Stifts Zwettl dienten zu einem der Repräsentation und andererseits dem rein praktischen wirtschaftlichen Nutzen. Dass sich alles innerhalb der Klostermauern befinden sollte, was für den Bestand und die Versorgung der Mönche benötigt wird, ist in der vielzitierten Benediktusregel beschrieben (RB 66, 6). Forscher und Historiker sind sich einig, dass das einer der Gründe ist, weshalb Medizinalkräuter in den Klostergärten gezüchtet wurden. Sie waren weniger ein Handelsgut. Vielmehr dienten sie der Gesunderhaltung der Klostergemeinschaft, deren einfache Lebensbedingungen – aus heutiger Sicht – teilweise als prekär bezeichnen werden können. Steigt man ins Zwettler Dormitorium hinab, wird schnell klar, dass das kühle steinerne Gewölbe kein Hort der Gemütlichkeit war.
Die Terrassengärten mit südlicher Ausrichtung ins Kamptal sind in verschiedene Themenbereiche gegliedert. Über Treppen sind sie miteinander verbunden. Den bekanntesten Kräutern der Hildegard von Bingen wurde eine Terasse gewidmet. Ein Herbarium, der Liebfrauengarten und ein Engel-Bengel-Garten finden sich in den unteren Arealen. Vorwiegend werden Gewürzkräuter und Pflanzen, die sich zur Linderung von Magen-Darm-Beschwerden eignen, angebaut. Wohl aus dekorativen Zwecken wurden einzelne Rabatten mit Storchenschnabelgewächsen bepflanzt. Die Pflanzen und Kräuter sind mit den Namen und den zugeschriebenen Heilwirkungen beschildert. Auch bei trüben Wetter kann ein Rundgang durch die Beete unterhaltsam und lehrreich sein. Man stösst dabei auf die Klassiker und einige fast vergessene Kandidaten. Ablenkung verspricht der Blick auf die bewaldeten Hänge ringsum. Lauschige Plätzchen laden zum Pausieren, Ausruhen und Entspannen ein. Nicht nur die Kräuter wirken beruhigend!
Der Öffentlichkeit sind nicht alle Gärten zugänglich. Einige liegen im Verborgenen dem Bereich der Klausur. Diese bleiben den im Stift Zwettl lebenden, arbeitenden und betenden Mönchen vorbehalten.
Anfahrt und Internet-Adresse:
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