Ein Garten für Prälaten und ganz gewöhnliche Menschen
Als Kardinal Ratzinger den im Jahre 1998 neugestalteten Prälatengarten der Benediktinerabtei Schäftlarn besuchte, fiel ihm auf, dass das Wasser im Brunnen nur aus einer Düse statt der für ein Kloster angemessenen vier sprudelte. Immerhin wiesen die Wege vom Brunnen in alle vier Himmelsrichtungen. Ja, schon damals als Leiter der heiligen Inquisition bewies er den Blick fürs Grosse und Ganze. Immerhin würdigte er ein halbes Jahr später die Anstrengungen um den Erhalt und die Gestaltung dieses schönen Platzes mit einem Brief aus Rom. Zu verdanken ist die Gestaltung und Pflege einer Bürgerinitiative, die sich mit viel Engagement für den Erhalt des Gartens einsetzt.
Ein alter Garten in neuer Gestalt
Für manch einen ist der Klostergarten in der heutigen Gestalt ein schöner Ort zum lauschigen Verweilen, für andere ist er – ganz unkonventionell gesehen – ein Biergarten mit wunderschönen Blumen und gekonnten Arrangements. Letztere verfahren so: sie nehmen ein lesenswertes Buch zur Hand, suchen sich eine der aufgestellten Bänke und geniessen ein kellerkaltes Bier der klostereigenen Brauerei, das sie vorher im Klosterladen erworben haben. Ganz nach dem Motto des protestantischen Preussen-Königs: „Soll doch jeder nach seiner Fasson selig werden!“ Bajuwarische Herrscher würden so etwas niemals äussern.
Der Prälatengarten ist das Schmuckstück der zum Kloster Schäftlarn gehörenden Gärten. Auf den nahegelegenen Streuobstwiesen schaffen die Bienen fleissig den Honig für die Mönche heran. Wenn der Sommer nicht verregnet ist, gibt es auch zeitiger im Jahr den frischen Honig. Selbst im Klosterladen ist man auf das Wetter angewiesen. Nahrung finden die Bienen im Prälatengarten reichlich. Grosse Flächen sind mit wohlduftenden Lavendelbüschen bepflanzt, Rosen, Malven, Schmuckpflanzen und die wohlbekannten Heil- und Küchenkräuter wurden in einem gekonnten Mix gepflanzt. Es gibt eine Ecke, die nur den Gewürz- und Heilkräutern vorbehalten ist. Gerade Kinder begeistert sie, weil beschriftete Steine die Pflanzen beim Namen nennen. Ob die Schöpfer der Neugestaltung die Ornamentik eines Bauernschrankes vor dem inneren Auge hatten, lässt sich schwer sagen. Er wurde nicht akademisch angelegt und gestaltet. Vieles wurde vordergründig so zusammengestellt, dass es farblich und gestalterisch miteinander harmoniert. Nicht nur optisch hat der Garten seine Reize. An warmen Sommerabenden können empfindliche Nasen genüsslich in opulenten Duftwolken schwelgen.
Familien nutzen den Garten zu einem kleinen Bummel vor dem Besuch des gegenüberliegenden Wirtshauses und seinem typisch bayerischen Biergarten. Die Kinder rennen auf den Kieswegen um die Wette oder hocken staunend vor den blühenden Rabatten. Die Landstrasse nach Schäftlarn ist gut geteert und mit den Serpentinen ist sie eine beliebte Strecke für Rennradfahrer. Manch einer steigt vom harten Sattel ab und gönnt sich eine kleine Ruhepause an diesem stillen Plätzchen. Für manch einen ist es die erste Etappe auf seinem Jakobsweg. Es gibt viele Gründe, um diesen Garten zu besuchen und nicht enttäuscht zu werden.
Ein Wermutstropfen bleibt. Wegen der chronischen Unterbesetzung der Abtei beten die wenigen verbliebenen Mönche ihr Chorgebet in der Kapelle, die der Öffentlichkeit nicht zugänglich ist. So besteht nur an Sonntagen, die Gelegenheit am Stundengebet in der Abteikirche teilzunehmen und den Chorälen zu lauschen.
Anreise und Internet-Adresse:
https://www.abtei-schaeftlarn.de
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