Eine Auswahl bekannter Heilpflanzen aus dem botanischen Garten von Salerno – Giardino della Minerva
Mehr als 270 Pflanzen gedeihen auf fünf Terrassen am Hang oberhalb des Hafens von Salerno. Viele von ihnen fanden bereits im Mittelalter als Heilpflanzen Verwendung. Bei der Auswahl der Pflanzen für den Garten der Minerva wurde besondere Bedeutung der im ‚Regimen Sanitatis Salernitanum‘ und von Matteo Silvatico im ‚Opus Pandectarum Medicinae‘ beschriebenen Arten beigemessen.
Jede Pflanzenart ist mit einem Namensschild kenntlich gemacht. Neben ihren Namen in lateinischer und italienischer Sprache sind auch ihre Komplexionen aufgeführt. Die mittelalterliche Medizinlehre Salernos und folglich auch die Studien der medizinischen Botanik basieren im Wesentlichen auf der „Lehre der vier Säfte“ (Humoral-Lehre). Diesem Verständnis nach wird der menschliche Körper durch das Vorhandensein dieser vier Körpersäfte regiert. Das Ungleichgewicht der Körpersäfte wurde demnach mit Erkrankungen in Zusammenhang gebracht. Der Ausgleich mit Mitteln entgegengesetzter Komplexionen sollte dann das Gesunden herbeiführen.
Hier haben wir den Abbildungen der Pflanzen Beschreibungen beigefügt, die wir Übersetzungen der mittelalterlichen Salernischen Gesundheitsbücher entnommen haben. Die heiteren Texten des ‚Regimen Sanitatis Salernitanum‘ enthalten vor allem Ratschläge für eine gesunde Lebensweise. Konrad Goehls gelungene Übersetzung des kleinen Buchs gibt Einblicke in ein doch lebensfrohes Mittelalter. Ihm verdanken wir auch die Übersetzung aus dem Lateinischen des ‚Circa Instans‘. Dieses Buch wird auch als die erste grosse Drogenkunde des Abendlandes bezeichnet. Entstanden ist es im Umfeld der Scuola Medica Salernita – der ersten medizinischen Lehr- und Forschungsanstalt Europas.
„Salbei gibt Nervenkraft, behebt den Tatterich, Hitziges Fieber treibt er fort und sagt dir: denk an mich.“ (Regimen Sanitatis Salernitanum)
„Glaskraut, gekocht und gegessen, hilft gegen Schmerz in Magen und Gedärm infolge von Kälte und Windblähung.“ (Circa Instans)
„Geschwülste aller Art, an Hals und Drüsen, läßt dumit einem Feigenpflaster büßen.“ (Regimen Sanitatis Salernitanum)
„Die größere Art ist wie ein Feigenbaum – die kleinere hat Blätter ähnlich der Platane und die Samen sitzen wie Trauben am Baum – auch bäuerlicher Sesam oder „Wächter des Gartens“ genannt.“ (Opus Pandectarum Medicinae)
„Avicenna bestätigt, dass es ein schädliches Gift ist – es ist gut für Lepra, aber tötet diejenigen, die es trinken.“ (Opus Pandectarum Medicinae)
„Der Wurzelstock hat harntreibende Wirkung infolge seiner feinen Stofflichkeit.“ (Circa Instans)
„Wein, in dem Schopflavendel und Bocksdorngummi abgekocht worden sind, erwärmt die Atmungsorgane und reinigt sie.“ (Circa Instans)
„Die Schale, roh gegessen, stärkt die Verdauung, die durch die Kälte behindert ist, sowie den Appetit. Sie hilft auch gegen Herzerstickung.“ (Circa Instans)
„Die Wurzel nützt für die Arzneikunst nicht. Das Kraut, roh, wie es ist, gegessen, erzeugt gutes Blut.“ (Circa Instans)
„Serapion auf der Autorität von Galen: warnt vor übermäßigem Gebrauch, der Lethargie und Tod hervorrufen kann.“ (Opus Pandectarum Medicinae)
„Kater, Kopfschmerz und schweres Haupt wird vom Veilchen weggeraubt. (Regimen Sanitatis Salernitanum)
„Er wirkt säfteauflösend, Verstopfungen auflösend, Verstopfungen öffnend und säfteverdünnend.“ (Circa Instans)
„Der Stiel hat Ecken, in denen Blätter geboren werden – die Blüten sind honigfarben – er hat der Samen am Stängel … bedeckt mit juckendem Staub.“ (Opus Pandectarum Medicinae)
„Die frische Affodilwurzel ist besser als die trockene. … Sie wirkt verzehrend, anziehend und trocknend auf die Körpersäfte.“ (Circa Instans)
„Ein Strauch mit geteilten und winzigen weißen Blättern und krokusgelben Blüten, die im Sommer geboren werden, mit einem strengen Geruch, sehr bitterem Geschmack.“ (Opus Pandectarum Medicinae)
„Sie ist mehr für die Mahlzeit zu gebrauchen als für medizinische Anwendungen. Sie hat die Fähigkeit, reichliches, dickes Blut zu erzeugen. Deshalb vermehrt sie die Begierde nach Lust.“ (Circa Instans)
„Die Schwalbe gibt mit Schwalbenkraut den blinden Küchlein Augenlicht, schreibt Plinius: sind auch die Augen zerhaut, so hindert das die Heilung nicht.“ (Regimen Sanitatis Salernitanum)
„Die Endivie wirkt kräftigend und kann infolge ihrer abkühlenden Eigenschaft eine Komplexion, die aus dem Gleichgewicht geraten ist, wieder umwandeln.“(Circa Instans)
„Der Nachtschatt ist kühlend und trocknend im zweiten Grad. … Gegen Erhitzung der Leber wird ein Lappen in Nachtschattsaft getunkt und wiederholt aufgelegt.“ (Circa Instans)
„Gegen die Darmgicht wird das Kraut in Salzwasser abgekocht, daraus bereitet man, unter Beigabe von Honig und Öl, ein Klistier. Vorhergegangen muss aber ein anderes erweichendes Klistier.“ (Circa Instans)
Hier gehts direkt zu einem kleinen Abstecher durch den Garten der Minerva in Salerno.
Alle hier aufgeführten Anwendungen und Indikationen der abgebildeten Pflanzen und Kräuter sind nicht geeignet für die Behandlung von Krankheiten und gesundheitlicher Beschwerden. Vor der Verwendung wird eindringlich gewarnt und abgeraten! Es handelt sich um Auzüge aus historischen Beschreibungen und diese entsprechen nicht den heutigen Kenntnissen und dem aktuellem Wissensstand.
Quellen:
Goehl, Konrad: Das Circa Instans, Deutscher Wissenschafts-Verlag (DWV), Baden-Baden, 2015.
Goehl, Konrad: Mittelalterliche Gesundheitsregeln aus Salerno, Deutscher Wissenschafts-Verlag (DWV), Baden-Baden, 2009
http://www.giardinodellaminerva.it/le-piante/la-pianta-del-giardino.html