Typisch weiblich – diese Kräuter!
Was haben Frauenmantel, Rotklee, Baldrian und Traubensilberkerze gemeinsam?
Alle vier Kräuter zählen zu den traditionellen Frauenkräutern. Es sind die bewährtesten Heilpflanzen und -kräutern zur die Linderung von Beschwerden in der Menopause, bei anderen frauentypischen Problemen und gynäkologische Erkrankungen. Sie gehören zum festen Repertoire der sogenannten kräuterkundigen Frauen, der Kräuterweiber und Kräuterhexen. Ihr Wissen von den heilenden Kräften der Kräuter und Pflanzen ist sehr alt. Generationsübergreifend wurde es immer wieder von den Alten an die Jungen weitergegeben.
Gibt es eigentlich Frauenkräuter?
Das Frausein ist nicht erst im Alter von einer Reihe immer wiederkehrender körperlicher Beschwerden gekennzeichnet. Spätestens mit dem Eintritt in die Pubertät geht es los. Reizbarkeit, Anspannungen, gedrückte Stimmung, Brustspannen und Blähungen in den Wochen vor der Menstruation kennt jede Frau. Fachlich trocken wird diese Leidensphase als das prämenstruelle Syndrom bezeichnet. Seltener, wenn auch nicht unbekannt sind die Krämpfe in der Gebärmutter während der Menstruation, Dysmenorrhoe genannt. Wer es ohne nicht aushält, dabei Pillen und Tropfen nicht mag, greift zu den altbewährten Hausmittelchen. Einiges Hilfreiches und vieles Bewährtes findet sich zum Teil seit Generationen überliefert in der Pflanzenheilkunde.
Frauenmantel (Alchemilla vulgaris) ist eines der bekanntesten Frauenkräuter.
Welche Kräuter eignen sich beim PMS?
Eine der bewährten Heilpflanzen ist der Mönchspfeffer (Vitex agnus-castus). Pulver, Tinkturen und Extrakte aus den Früchten des Mönchspfeffer-Strauches können die als prämenstruelles Syndrom (PMS) bekannten Beschwerden lindern. Gerne wird der zart blühende Strauch mit seinen pfeffrig schmeckenden kleine Früchten als Keuschlamm oder auch Keuschbeere bezeichnet. Mönchspfeffer-Präparate können in den Tagen vor der Periode Reizbarkeit, Stimmungsschwankungen, Kopfschmerzen, Brustfülle und Blähungen mildern und reduzieren. Als Hauptwirkmechanismus wird eine dopaminerge Wirkung angenommen. Bei gleichzeitiger Steigerung der Durchbluten von Bauch- und Nierengefässen hemmt es die Freisetzung von Prolactin.
Können Pflanzen die Periode beeinflussen?
Immer wieder wird die hormonelle Wirkung der pflanzlichen Inhaltsstoffe vom Mönchspfeffer (Vitex agnus-castus) in Studien diskutiert. Angeblich sollen die sogenannten Phytohormone des Mönchspfeffers in der Lage sein, auf den weiblichen Zyklus Einfluss zu nehmen, und ihn unter Umständen sogar verlängern zu können. Die Erfahrungen hierbei dürften erfahrungsgemäss individuell unterschiedlich ausfallen. Laut den vorliegenden Studien, scheint allerdings die Einnahme von Mönchspfeffer-Zubereitungen über einen längeren Zeitraum den Einzelgaben in ihrer Wirksamkeit überlegen zu sein.
Mönchspfeffer (Vitex agnus-castus) macht die Tage leichter.
Ist das alles nur eine Frage des Alters?
Die Begleiterscheinungen des Alterns sind für alle Menschen gleich. Sie sind begleitet von Veränderungen der Haut, der Muskulatur, des Knochenbaus und Umstellungen im Hormonhaushalt sind die typischen Zeichen des Alterungsprozesses. Im fünften Lebensjahrzehnt trifft es fast jede Frau. Das Klimakterium läutet die Menopause ein, die durch die Symptome eines zunehmenden Östrogenmangels gekennzeichnet ist. Rein körperlich äussert sich ein Östrogenmangel vielfach mit Hitzewallungen, Schweissausbrüchen, Schlafstörungen und Scheidentrockenheit. Schulmedizinisch können die ausbleibenden Hormone (Gestagene, Östrogene) therapeutisch substituiert werden. Allerdings ist die Hormonersatztherapie nicht frei von Risiken. Daher wünschen sich viele Frauen Alternativen und suchen diese vor allem in der Pflanzenmedizin. Beispielsweise enthalten Rotklee und Sojabohnen sogenannte Isoflavone, welche eine dem Östrogen ähnliche chemische Struktur haben.
Helfen bei Hitzewallungen pflanzliche Hormone?
Bei dem im Rotklee (Trifolium pratense) enthaltenen sogenannten Phytoöstrogenen handelt es sich um sekundäre Inhaltsstoffe in Blüten und Blättern der Pflanze. Es sind die Isoflavone Formononetin, Biochanin A, Daidzein und Genistein. Durch die Bindung an die Östrogenrezeptoren entfalten sie eine dem Östrogen ähnliche Wirkung. Unbestritten ist mittlerweile die Wirksamkeit von Rotklee-Isoflavonextrakten zur Linderung von Hitzewallungen und Schweissausbrüchen bei Frauen in der Peri- und Postmenopause. Standardisierte Präparate garantieren den erforderlichen Wirkstoffgehalt.
Rotklee (Trifolium pratense) bei häufig auftretenden Hitzewallungen.
Sind Phytoöstrogene eine gute Alternative?
Die Meinung der Expertin Dr. med. Susan Zeun ist sehr deutlich: „Leider hat vor allen Dingen die Phytotherapie sehr häufig den Ruf einer sanften Medizin. Aus meiner Sicht macht es keinen Sinn, ein synthetisch-chemisches Hormon durch ein hochdosiertes Phytoöstrogen zu ersetzen. In den wirkenden Dosierungen sind die potenziellen Nebenwirkungen ähnlich.“(1) Sie ist Fachärztin für klinische Pharmakologie. Ihr Spezialgebiet ist die Phytotherapie in der Frauenheilkunde. Ohne ärztliche Beratung, so ihr Tipp, sollte auf keinen Fall die Einnahme von pflanzlichen Präparaten oder Extrakten mit östrogener Wirkung erfolgen. Zu gross ist das Risiko von Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten oder bei einer bestehenden gesundheitlichen Vorgeschichte.
Traubensilberkerzen (Cimicifuga racemosa) zur Linderung von Wechseljahrsbeschwerden
Traubensilberkerzen – eher Gartenschmuck oder Heilpflanze?
Aus den Wurzeln der Traubensilberkerze (Cimicifuga racemosa) werden Extrakte gewonnen, die nachweislich Hitzewallungen im Klimakterium lindern können. Scheinbar ist der Schlüssel für die Wirksamkeit von Traubensilberkerzenextrakten eher in einer Bindung und Modulation von Schlüsselrezeptoren des zentralen Nervensystems für die Regulierung, die Stimmung und den Schlaf zu suchen. Lange Zeit wurde vermutet, dass auch die Traubensilberkerze (Cimicifuga racemosa) über phytoöstrogene Pflanzeninhaltsstoffe verfügt, was Tests bisher nicht bestätigten. Genaues weiss man nicht, aber es wirkt!
Hopfen (Humulus lupulus) für kräftigende Ruhe.
Eigentlich sind Hopfenzapfen reine Männersache?
Reichlich antifeministisch titelte damals vor 15 Jahren die Tageszeitung ‚Die Welt‘, dass Bier die Lust bei Frauen steigern könne.(2) Hintergrund des reisserischen Artikels waren Studien, welche im Hopfen (Humulus lupulus) hormonähnliche Substanzen identifiziert hatten. 8PN oder Hopein nannten sich die Neuentdeckungen. Als Bierwürze wird der Hopfen (Humulus lupulus) traditionell eher als männlich assoziiert. Nun sollten die aromatischen Zapfen als Heilmittel für Frauen taugen. Fast schon salomonisch beurteilen Pharmazeuten der University of Illinois at Chicago das therapeutische Potenzial des Hopfens. Einschlaf- und Durchschlafstörungen sind häufig Begleitsymptome der Wechseljahre. Da Hopfen nicht nur östrogen wirkt, sondern auch traditionell als Beruhigungsmittel bewährt ist, kann die Verwendung als pflanzliche Einschlafhilfe bei Schlafstörungen im Klimakterium durchaus zielführend sein.
Baldrian (Valeriana officinalis) bringt Ruhe in den Tag und die Nacht.
Wie wirkungsvoll ist Baldrian?
Einschlaf- und Durchschlafstörungen können zur Qual werden. Nicht enden wollende Nächte mit überbordenden Gedankenzirkus, davor fürchten sich Menschen mit Schlafstörungen. Neben Hitzewallungen zählen Schlafstörungen zu den häufigsten Beschwerden im Klimakterium. Pillen und Pülverchen verhelfen in den meisten Fällen schnell zum Schlaf. Keinesfalls sollte dabei vergessen werden, dass nur wenige dieser scheinbar harmlosen Einschlafhilfen frei von Suchtpotenzial sind. Wesentlich besser verträglich und vollkommen frei von jedem Abhängigkeitspotenzial sind die Wurzeln vom Baldrian (Valerianae radix). Fast schon sprichwörtlich ist die beruhigende Wirkung vom Baldrian. Dass er auch angstlösend wirkt, wissen nur relativ wenige. Ein wenig bitter schmecken die Teezubereitungen mit Baldrianwurzeln. Ihre Wirkung verfehlen sie jedoch selten. Die Dosierung kann ganz individuell angepasst werden und limitiert sich selbst mit der Intensität des bitteren Geschmacks.
Kräuter sind doch reine Frauensachen?
Heilkräuter und Heilpflanzen, das sind definitiv Themen, die Frauen mehr als Männer interessieren. Die Beantwortung der Fragen, warum das so ist, wo die Gründe dafür liegen, das wäre rein spekulativ. Fakt ist, Frauen suchen öfters einen Arzt auf, als Männer das tun. Das hat weniger mit der sogenannten männlichen Unsensibilität gegenüber Gesundheitsthemen zu tun. Vielmehr liegen die Gründe in den Unterschieden bei der Genetik, in der Anatomie und im Hormonhaushalt. Letztendlich sind Frauen in ihrer ganz speziellen Rolle als Gebärende und Mutter physisch, psychisch und mental ganz anders gefordert als Männer. Gegen einige dieser typischen Frauenleiden sind eine Reihe von Kräutern und Pflanzen mit heilender oder zumindest lindernder Wirkung bekannt. Es braucht nur die Kraft und Energie, das vorhandene Wissen um die Kraft der Kräuter zu nutzen.
Quellen:
Kenda, M., Glavacˇ, N. K., Nagy, M., Sollner Dolenc, M., on behalf of the OEMONOM. Herbal Products Used in Menopause and for Gynecological Disorders. Molecules 2021,26,7421. https://doi.org/ 10.3390/molecules26247421
https://www.muenchen-klinik.de/gendermedizin-frau/; gelesen 07.08.2023
Keck, C. et al., Endokrinologie, Reproduktionsmedizin, Andrologie. 2. komplett überarbeitete Auflage, Georg Thieme Verlag KG, Stuttgart 2002.
Chadwick, L. R., Pauli, G. F., Farnsworth, N.R., The pharmacognosy of Humulus lupulus L. (hops) with an emphasis on estrogenic properties. Phytomedicine. 2006 Jan; 13(1-2):119-31. doi: 10.1016/j.phymed.2004.07.006. Epub 2005 Jul 1. PMID: 16360942; PMCID: PMC1852439.
(1) „Das Klimakterium ist ein natürlicher Veränderungsprozess“, https://natuerlich.thieme.de/spezialthemen/wechseljahre/detail/wechseljahre/das-klimakterium-ist-ein-natuerlicher-veraenderungsprozess-635, 08.08.2023
(2) https://www.welt.de/vermischtes/article1841768/Bier-foerdert-die-Lust-bei-Frauen.html, gelesen 07.08.2023