Zwei Gärten und jede Menge Kies
Das „Schatzhaus Kärntens“ wie sich der Benediktinerstift St. Paul im Lavanttal bezeichnet, hat sich am Anfang des neuen Jahrtausends einen „Lustgarten“ und einen „Nutzgarten“ zugelegt. Die Lust scheint den Benediktinern mittlerweile vergangen zu sein – zumindest an ihrer opulenten Gartenanlage mit barocken Anklängen. In der Fokussierung auf die Lust hatten scheinbar die Planer die Last der Arbeit zum Erhalt des Gartens unterschätzt.
Rosen und Stöckel im Lavantal
Planlos voller Nostalgie
Was in aller Welt hat die Benediktiner von St. Paul im Lavantal angetrieben im Jahr 2009 die Fläche neben dem Meierhof zu einem überdimensionierten Garten in einem barocken Format umzugestalten? Sollte das ein Schaubühne für Reisebloggerinnen, eine Kulisse für Influencerinnen werden? Die Anzahl der Beiträge über St. Paul und seine Gärten ist beachtlich, die der Visits allerdings nicht. Überwog wie so oft das sentimentale Gedenken an eine vermeintlich gute alte Zeit? Zwar gab es die Pläne im Archiv des Klosters aus dem Zeitalter des Barock. Die sahen aber einen Garten an einem anderen Platz weiter westlich vor. Auf dem heutigen Areal wurde erst im 19. Jahrhundet eine Gartenanlage mit zwei Gebäuden im Biedermeierstil realisiert. Der Barock war zu diesem Zeitpunkt bereits Geschichte. Es herrschte die Zeit des Biedermeiers. Ein neuer frischer Geist, der den bürgerlichen Menschen mit romantischen Idealen in den Mittelpunkt stellte, beflügelte die Kunst und die Architektur. Erstaunlicherweise wurde eben diese Sichtweise bei der Neukonzeption der Gartenanlage sträflicherweise ausgeblendet und negiert. Stattdessen wurden dem Zitieren einer Formensprache des Absolutismus der Vorrang gegeben. Rückwirkend betrachtet, kann die Entscheidung für die Gestaltung mit Anklängen aus einer Zeitepoche mit absolutistischen Herrschaftsansprüchen und Machtausübung durchaus als Zeugnis des damals herrschenden politischen Klimas im Bundesland Kärnten gelten. Allerdings war das offensichtlich kein zeitgemässer Anspruch, wie sich heute deutlich auch am Zustand des Gartens zeigt.
Zeitig in die Jahre gekommen
Die Party scheint vorüber. Übrig geblieben ist ein Exerzierplatz für Unkräuter mit einem bemoosten Brunnen in der Mitte. Die beiden Stöckel sind geschlossen und die Fenster werden langsam blind. Der Zustand der Rosen am südlichen Hang ähnelt einem Plädoyer für die Wiederzulassung des umstrittenen Unkrautbekämpfungsmittels Monsato® des Chemieriesen Bayer AG. Praktischerweise liesse sich mit den Chemikalien im Giesswasser das Unkraut über die liegenden Wasserleitungen flächendeckend am Hang beseitigen. Den Anblick platzfordernder Trostlosigkeit ertragen selbst die Spaliergehölze nicht und harren darbend, geduldig den Wechsel der Jahreszeiten ertragend, in ihren Mauernischen.
Von den trostreichen Kräutern
Wesentlich besser ergeht es den Heilkräutern im zum Westen abgegrenzten Bereich. Ein innigliches und komplementäres Zusammenspiel der Natur lässt dieses Stück Klostergarten über seine geplante Gestalt hinaus wachsen. Hitze, Sturm und Regen hinterlassen ihre Spuren. Nicht alles gedeiht, anderes schiesst über. Bei der Auswahl der Pflanzen und Kräuter waren die Gärtnerinnen und Gärtner in die Vollen gegangen. Neben den Standards des Kräutergartens finden sich auch echte Raritäten in den Beeten. Wer zu spät kommt, sieht davon jahreszeitlich bedingt nur noch die trockenen Stengel und Blätter. Weshalb der Kräutergaren mit dem ehrwürdigen Namen „Hildegardium“ betitelt wurde, erschliesst sich den Besuchern nicht. Programmatisch wird weder auf Pflanzen, noch auf Zitate aus Hildegards Werken eingegangen oder referiert. Gereist ist die Äbtissin zu Lebzeiten recht viel. Dass sie es aber bis ins Kärntner Lavanttal schaffte, entspräche einer weiteren dieser zweifelhaften Legenden, die Hildegard angedichtet werden.
Anreise und Internet-Adresse:
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