Cluny’s Jardin de Simples
Kleiner Kräutergarten erinnert an grosse Abtei
Too big to fail. Das waren einst die Erwartungen der Welt an Cluny. Wer Cluny sagte, meinte die mächtige Abtei der Cluniazienser-Mönche im Burgund. Als im Mittelalter gegründeter benediktinischer Reform-Orden sollten sie zu einem der mächtigsten, einflussreichsten und reichsten aufsteigen. 1.400 Filialklöster umfassten das „Cluniazienser-Imperium“ in seiner Blüte im 12. Jahrhundert. Schätzungsweise lebten zu diesem Zeitpunkt wohl bis zu 400 Mönchen in der Abtei zu Cluny. Kein Mensch konnte sich bis dahin vorstellen, dass dieses von Wachstum und Expansion geprägte System endlich ist und an seine Grenzen stösst. Dennoch bewahrten ihre immense Grösse, ihr unvorstellbarer Reichtum und grenzenloser Einfluss die Abtei von Cluny nicht vor dem wirtschaftlichen und spirituellen Abstieg.

Es war nicht die Französische Revolution, die ihr den Niedergang brachte – nur das Ende. Schuld war auch nicht das gigantische Bauprojekt ‚Maioro ecclesia‘. Sie gönnten sich immerhin den grössten Kirchenbau der Welt. Nur der Petersdom sollte grösser werden. Ausgerechnet die Grundlage eines ihres erfolgreichsten Geschäftsmodelle sollte Anteil an ihrem Niedergang haben. Es war der Tod.


Eine sichere Einkommensquelle für die Abtei stellte das professionalisierte Totengedenken der Mönche dar. Wer keine Hand frei hatte zum Beten oder es nicht so gut konnte, oder es einfach andere machen lassen wollte, gab das Totengedenken in die Hände der Mönche von Cluny. Aus reiner Dankbarkeit spendeten, vererbten oder widmeten dann die zahlreichen Auftraggeber Teile ihres Vermögens. Neben dem Zufluss von Barmitteln mehrte sich so auch der Besitz an Liegenschaften und trug zum wirtschaftlichen Wohlstand des burgundischen Mutterklosters bei.


Gemäss dem Prinzip christlicher Nächstenliebe ‚Caritas‘ entwickelten die Cluniazenser ein Konzept zur Umverteilung eines Teils ihres reichlichen Vermögens an die Armen. So zahlte sich das Sterben der Mönche für die Bedürftigen aus. Die einem Mönch zustehenden Essensrationen wurden nach seinem Ableben 30 Tage lang an Arme und Notleidende verteilt, ebenso an dessen jährlichen Todestag. Wie das Leben so ist: gelebt und gestorben wird immer. Die Anzahl der im Laufe der Jahre verstorbenen Mönche nahm stetig zu. Damit verbunden erhöhte sich das für die Armenspeisung benötigte Budget. Wie das häufig so ist: Sozialkassen sind meist defizitär. Irgendwann kamen sicherlich ein paar lange Winter und nasse Sommer mit weniger ertragreichen Ernten hinzu. Schon war das Gesamtbudget in Schieflage und weitere Reformen des Orden-Imperiums fällig.

Bevor die Mönche das Zeitliche segneten, lebten sie in Askese und die meiste Zeit im Gebet. Wie fast alle Menschen werden sie sich wohl kaum ewiglicher Gesundheit und Wohlergehens erfreut haben. Die üblichen Zipperlein, Misslichkeiten und Erkrankungen dürften auch sie zeitweise gequält haben. Üblicherweise verfügten die Klöster über Heilkundige in ihren eigenen Reihen, die meist auf den Schatz der Kräuterheilkunde zurückgriffen. Vorstellbar ist, dass es für diesen Bedarf auch einen Garten in Cluny gegeben hat. Wo und in welchem Umfang, dazu finden sich keine Überlieferungen. Die Erinnerungen an die alte mächtige Abtei leben in ihren Ruinen fort. Die Bewohner Cluny’s haben einen kleinen Garten hinzugefügt. Darin finden sich all die Kräuter, die im Mittelalter wohl den Mönchen und den Menschen im Umland zur Verfügung gestanden haben könnten. Le jardin de simples – ein Garten der einfachen Kräuter, die heilen können.

Anreise und Internet-Adresse:
www.cluny-abbaye.fr
Quellen:
https://www.katholisch.de/artikel/49982-abt-odilio-von-cluny-leitete-das-mächtigste-kloster-in-europa; 14.04.2025
www.cluny-abbaye.fr/de/entdecken-sie/geschichte-der-abtei-von-cluny; 14.04.2025
https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/007153/2005-08-02; 14.04.2025