Hildegard und der Altweibersommer
Kennen Sie die Momente, wenn im warmen Wind der letzten Sommertage kitzelnd einzelne Spinnfäden über die Haut fahren? Dann ist Altweibersommer! Spinnen nutzen ihre Fäden nicht nur zum Knüpfen der bekannten Netze, womit sie ihre Beute jagen. Sie nutzen die Fäden auch als Fortbewegungsmittel, um von oben nach unten zu krabbeln. Mit Hilfe des Windes gelingt ihnen das auch mühelos horizontal. Selbst wenn sich die Fäden losreissen, kommen sie immer noch mit ihrer Hilfe quer durch den Garten oder die Landschaft. Manchmal verfangen sich diese Fäden auf der Haut oder im Haar.
Hildegard von Bingen hatte für diese Erscheinung eine ganz andere und zugleich originelle Erklärung und wusste sie sogleich als Heilmittel bei Augenleiden, Gicht und Geschwüren und selbst gegen Würmer einzusetzen. Für Augen und Würmer reichte ihrer Meinung nach das Auflegen der gesammelten Fäden. Bei Geschwüren sollten sie mit Schmalz zu einer Salbe angerührt werden.
Ausgerechnet zu Weiberfastnacht verkündete das Landgericht zu Darmstadt im Jahre 1998, dass die Verwendung des Begriffs „Altweibersommer“ weder frauenfeindlich, noch ehrverletzend oder diskriminierend ist. In der Verwendung des Begriffs „Altweibersommer“ liege keine Äusserung eines beleidigenden Werturteils, begründeten die Richter ihr Urteil. Der Altweibersommer ist eine Schönwetterperiode zwischen dem endenden Sommer und dem Beginn des Herbstes. Eine Kundgabe von Missachtung in der Verwendung des Wortgebrauchs von „alter Frau“ oder „altem Weib“ konnten die Richter auch nicht erkennen. Wer wird schon jünger?