Kein Grund für Nervosität – Melisse hilft!
Melisse – selber züchten oder fertig kaufen?
„Ach Kind, was tut man dir an?!“ möchte ich ausrufen. Angesichts dessen, was man dem kleinen zarten Pflanzengeschöpf zumutet. Die Melisse teilt das typische Schicksal vieler kleiner unscheinbarer Helden, die trotz geringer Größe, Sensibilität und Empfindlichkeit über erstaunliche Kräfte verfügen, ausgleichen, begleiten und helfen. Sie geraten in Verruf, werden missbraucht, ihr Name und Ruf geschändet und benutzt. Irgendwie passt das auch zur aktuellen #Metoo-Debatte.
Altmodisch und angestaubt ist das Image der Melisse heute. Ich meine: völlig zu Unrecht. Sie ist kein Produkt des Zeitgeistes, das sich mit angedichteten Heil- und Wunderwirkungen brüstet. In Verruf geriet die Melisse Anfang der Achtzigerjahre als sich herausstellte, dass die hauptsächliche vermeintlich „ausgleichende“ Wirkung des Klosterfrau-Melissengeists auf der Wirkung des Alkohols basierte. Überwiegend ältere Menschen vertrauten auf die förderliche Wirkung der Kräutertinktur und legten sich dabei einen ordentlichen Alkoholabusus zu. Wird vordergründig, wie in dem beschriebenen Beispiel, die Wirkung enthaltener pflanzlicher Wirkstoffe durch Lösungs- und Geschmacksstoffe zur besseren Vermarktbarkeit überlagert und verpanscht, führt das die eigentliche Absicht den Beitrag zu einer gesunden Lebensführung ad absurdum. Seither gilt sie mehr oder weniger als „Alteleuteglück“. Das ist mehr als bedauerlich. Mit der natürlichen stresslösenden Wirkung ihrer Inhaltsstoffe, verfügt die Melisse über ein beträchtliches Potenzial für eine Vielzahl unserer alltäglichen Probleme und Leiden.
Wenig erbaulich ist, was der deutsche Lebensmitteleinzelhandel und die Teehersteller diesem wertvollen Naturprodukt antun. Mir geht es nicht darum, einzelne Firmen oder Marken zu diskreditieren. Melissentees werden zum Grossteil ausschließlich als Teemischungen angeboten. Sie werden geschmacklich mit anderen Pflanzenzutaten aufgepeppt. Mag sein, dass der deutsche Verbraucher starke Geschmacksnoten bevorzugt, und das den Abverkauf fördert. Mit der aromatischen Übertünchung wird der Verbraucher des eigentlichen ursprünglichen Geschmackserlebnisses beraubt. Wir alle werden um originäre sinnliche Erfahrungen betrogen! Kinder wissen nicht mehr, wie Kirschen wirklich schmecken, der Duft und Geschmack von Obst können sie nicht mehr einwandfrei zuordnen. Selbst ältere Menschen assoziieren mittlerweile den Geruch von Liebstöckelkraut nicht mehr mit der Gewürzpflanze, sondern mit Meggele-Butter.
Den besten Melissentee finden Sie in der Apotheke!
Das Regime der Produktmanager ist gnadenlos. Zur Ankurbelung der Verkaufszahlen werden Produktinnovationen auf den Markt geworfen, die den vermeintlichen Willen des Käfers widerspiegeln, am Ende jedoch nur fraglichen Trends folgen. Die Hersteller von Kräutertees haben sich diesem Diktat nicht entzogen. Lapidar vertreten sie den Standpunkt, Lebensmittel oder Lebensmittelergänzungs- und Zusatzstoffe herzustellen oder zu vertreiben, auch wenn sie mit Aspekten der Gesunderhaltung werben. Selbst traditionelle Hersteller von Gesundheitstees haben sich mittlerweile vollkommen abgekoppelt vom naturgegebenen Potenzial der Pflanzen und Kräutern hin zu maximal vermarktbaren Produkten. Vollkommen legitim und nachvollziehbar sind die wirtschaftlichen Ziele der Unternehmen. Für den Verbraucher stellt es leider keine Bereicherung dar, wenn er statt eines originären Geschmackserlebnisses mit einem wirtschaftlichen Kompromiss abgespeist wird. Das spiegeln auch die Ergebnisse des Produkttestes verschiedener Melissenkräutertees wieder.
Insgesamt wurden Melissentees von vier Herstellern nach dem Zufallsprinzip ausgewählt und verkostet. Das Apothekenprodukt überraschte mit Geschmack und Wirkung.
ALNATURA
20g/€ 1,79
LEBENSBAUM
30g/€ 2,49
HÄUSSLER&SAUTER
30g/€ 2,70
Die tonisierende Wirkung der Melisse war beim Genuss von allen drei getesteten Tees deutlich spürbar!
Kaufen oder züchten?
Um es vorweg zu nehmen, den leckersten Melissentee erhält man aus frischen Kräutern. Gärtnern sei an dieser Stelle empfohlen, Melisse an verschiedenen Standorten auszuprobieren. Es lässt sich nicht hervorsagen, an welcher Stelle sie die besten Ergebnisse bringt. Sie reagiert empfindlich auf ihre Umwelt. Ihre Blätter zeigen es in Struktur und Farbe an. Wer keinen Garten hat, kann sie auch auf dem Balkon oder Fensterbrett ziehen. Heimlicher Testsieger sind die Pflanztöpfchen aus dem Supermarkt z. B. von REWE für 1,99 €. Anfangs ist das Aroma aufgrund der Gewächshaushaltung nicht sehr üppig. Bereits nach zwei Wochen Pflege, neuer Erde und natürlicher Sonneneinstrahlung bedankt sie sich mit dem zitronig blumigen Duft der Blätter. Lediglich einen Sommer haben wir an der einjährigen Pflanze unsere Freude und können aus ihrem erstaunlichen Potenzial schöpfen. Im Gegensatz zu populären Unkräutern steht sie nicht im Rampenlicht. Schlicht und genügsam gedeiht sie im Halbschatten. Die Inhaltsstoffe ihrer Blättchen wirken beruhigend, ausgleichend, krampflösend und tonisierend. Trotz ihrer beruhigenden Wirkung machen sie nicht müde. Wiederum ist die tonisierende Wirkung nicht mit einem Aufputschen des Kreislaufs verbunden. Belebend und erfrischend lässt sich die Wirkung eines guten Melissentees beschreiben.
Drei statt vier
Insgesamt wurden die Melissentees von vier Herstellern nach dem Zufallsprinzip ausgewählt und verkostet. Die Melissenmischung von Meßmer-Tee aus Seevetal wird in der Gesamtbewertung nicht aufgeführt. Es handelt sich bei der Zumischung von Pfefferminzkraut aus meiner Sicht nicht mehr um einen Melissentee. Die Kombination von Melisse (60%) und Pfefferminze unterstützt hauptsächlich die belebende Wirkung der Minze. Es handelt sich dabei durchaus um einen wohlschmeckenden Kräutertee mit einer leichten Anisnote.
Die Testkandidaten
Getestet wurden zwei Melissentees aus dem Bio-Lebensmittelhandel; Lebensbaum und Alnatura und ein Apothekenprodukt der Firma Häßler & Sauter. Prüfsiegel für die Biozertifizierung hatten die Tees der Marken Alnatura und Lebensbaum. Das Apothekenprodukt wirbt mit einem Siegel der Herstellungsgegend Bodenseeraum.
Die Verpackung und Deklarierung
Klar und deutlich deklariert Alnatura auf der wiederverschließbaren Verpackung, dass es sich um eine Teemischung von Melisse und 20% Zitronengras handelt.
Die Firma Lebensbaum deklariert den Anteil von 20% Zitronengras im Kleingedruckten auf der Seitenlasche. Es erschließt sich nicht unbedingt auf den ersten Blick, dass es sich um eine Mischung handelt.
Im Allgemeinen stehe ich Teebeuteln oder sogenannten Vierkammerpackungen skeptisch gegenüber. Die getrocknete Melisse wurde bei allen Herstellern sehr fein zerkleinert um die höchstmögliche Ausbeute der Teedroge zu erzielen. Daher ist die Verwendung der Verpackungsform von Papierteebeutel in Pappkartons aller Anbieter zielführend und sinnvoll. Die Teebeutel der Firma Häußler & Sauter waren zusätzlich einzeln in Plastikbeuteln luftdicht foliert. Das erhält sicherlich das Aroma besser, ist aber aus Umweltgesichtspunkten zu hinterfragen.
Der Duft und Geschmack
Einen dominierenden Dufteindruck hinterlässt das Zitronengras bei den Produkten der beiden Bio-Anbieter. Angenehm kräuterig ist der Dufteindruck der Trockenware beim Apothekenprodukt
Beim Aufbrühen entwickeln die Tees der beiden Bio-Produkte einen leicht bräunlichen Farbton. Ein leicht bitterer Duft ist im Teedampf wahrnehmbar. Geschmacklich ist die Zumsichung von Zitronengras Geschmackssache. Die Abmischung ergibt einen runden angenehmen Geschmack, der vom Zitronengras dominiert wird. Das Produkt von Alnatura schmeckte intensiver nach Melisse als das Produkt von Lebensbaum.
Einen goldenen Farbton entwickelte das heiße Wasser beim Übergießen des Teebeutels aus der Apotheke. Duftend stieg der das Aroma von Melisse auf. Beim Verkosten war die Melisse deutlich spürbar und angenehm. Ein ganz leicht kräuteriger Beigeschmack, der das Geschmackserlebnis nicht stört, ist sicherlich der Verwendung als Trockenware geschuldet.
Die Bestandteile unter der Lupe
Die Alnatura-Mischung besteht aus fein zerkleinerten Melissenblättern und feinfasrigen Bestandteilen vom Zitronengras. Die Probe war sauber ohne Verunreinigungen. Der Duft war leicht kräuterig und angenehm. Die dominierende Geschmackskomponente ist das Zitronengras, was individuell gefallen muss.
Fein zerkleinerte Melissenblätter für die die volle Entfaltung der Teedroge beim Aufbrühen finden sich in der sauberen Stichprobe. Die Zumischung der bestimmenden Geschmackskomponente Zitonengrases ist feinfasrig und Geschmackssache. Der Duft der Probe war ein wenig kräuterig und angenehm.
Qualitativ guter Eindruck und frei von Verunreinigungen die Probe des Melissenblättertees von Häußler&Sauter. Die Häckselung der Blattteile war sehr fein und garantierte die volle Entfaltung der Teedroge beim Aufbrühen. Geschmacklich und farblich entspricht der Tee den Erwartungen an einen Melissentee.
Melissentee kann man zu jeder Tageszeit genießen! Die ausgleichende Wirkung auf das vegetative Nervensystem unterstützt die Wachheit am Tag und fördert den Schlaf in der Nacht.