Einen Hofgarten erleben
Grosse schwarze Letter auf einer langgestreckten ockerfarbenen Mauer gegenüber dem als „Vierkanter Gottes“ berühmten Stiftgebäude verheissen Grosses. Hinter dem der Strasse zugewandten hohen schmiedeeisernen Tor schwingen Wege auf zu einem der schönsten Klostergärten Österreichs. Der Ruf des Hofgartens ist berechtigterweise mittlerweile zum Inbegriff oberösterreichischer Gartenkunst geworden. Aus einer nichtösterreichischen Perspektive scheint die Verwendung des Begriffs Hofgarten zunächst einmal verdächtig. Dabei könnte es sich um eine der landestypischen nicht ungewöhnlichen Übertreibungen handeln. Sei es aus Sentimentalität oder Nostalgie, allzu gerne wird auf vermeintlich gute alte und goldene Zeiten referiert. Der Begriff des Hofgartens ist ein aus der Zeit gefallener Begriff und im Zusammenhang mit einem Kloster für unbedarfte Besucher irritierend.
Vom grünen Daumen der Mönche
Statt Prunk mehr Gloria
Unentschlossene Besucherinnen und Besucher können ihre Bedenken hintenanstellen. Sie werden nicht enttäuscht werden. Was sie im Hofgarten erwartet, ist Gartenbaukunst vom Feinsten. Hinter dem schmiedeeisernen Tor verbirgt sich ein Garten als Bühne für Pflanzen, Sträucher und Bäume. So lässt sich der Klostergarten des Benediktinerstifts Seitenstetten in einem Satz beschreiben. Im Grundschnitt seiner Anlage entspricht der Hofgarten ganz dem barocken Zeitgeist einer inszenierten Natur und der thematischen Gärten. Seine Vielfältigkeit und Bandbreite in der Gestaltung schwingt von exzentrisch beschnittener Natürlichkeit bis hin zur frischen wilden Kompositionen von Blumen und Sträuchern. Lediglich die einst vorhandene barocke Grundstruktur der ehemaligen Gartenanlage diente seinen Schöpfern in den 90er Jahren als Raster für zukünftig zu Schaffendes. Die Entpflichtung vom Barock war die geniale und wegweisende Idee, die Abt Berthold ereilte, als er dann zur Wiederurbarmachung des Stücks Land vor seinem geschichtsträchtigen Stift schritt.
Erfrischende Schattenspiele
Das ist ein Nutzgarten mit seinen vielfältigen Obstgehölzen. Es ist eine Parkanlage mit seinen schattigen Wegen und den zahlreichen Sitzgelegenheiten und den grossen Bäumen. In seiner Funktion als Klostergarten lädt er ein zum Schauen, Meditieren, zum Rückzug. Der Hofgarten in seiner heutigen Gestalt ist ein Platz zum Ruhigwerden und Innehalten. Ganz klar, es ist eine abgeschirmte künstliche Welt. Hinter dem Zaun und hinter den Mauern rinnt die Zeit des Alltags unaufhaltsam weiter. Im Garten aber scheint die Uhr ein wenig langsamer zu gehen. Wer es nicht glauben will, schaut auf die Sonnenuhr.
Dieser Garten will als eine Einladung zum Leben verstanden wissen. Er bietet Ideen, neue Einblicke, Rückblicke auf Altbekanntes und Altbewährtes. Es ist ein Platz zum Sein. Die barocken Vasen ringsum das Wasserbassin dienen nicht nur dem Schmuck und der Zierde. Sie referieren auf die ursprüngliche Gestalt des Gartens und den Bezug auf das barocke Stiftsgebäude, das seinen Namen als der „Vierkanter Gottes“ alle Ehre macht.
Im Laufe der Zeiten
Geradlinig und nahezu grundehrlich ist die Anlage des Heilkräutergartens. Alle Manierismen, um auf Besonderes und Bedeutungsvolles hinzuweisen, wurden wohltuenderweise unterlassen. Klar und systematisch sind die Beete mit einer grossen Vielzahl an Heilkräutern und Heilpflanzen angelegt. Dass der Schatten der Mauer nicht alle Pflänzchen vor der Trockenheit schützen konnte, liegt an der Hitze des Sommers. Die letzten Ringelblumen wirken wie eine Einladung für die neue Saison im nächsten Jahr.
Anfahrt und Internet-Adresse:
https://www.stift-seitenstetten.at
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