Wie in der Schöpfungsgeschichte:
Der Ausgangspunkt ist ein Garten
Erst wenn die Fassung fertig gearbeitet ist und der Goldschmied das Material nach seinem Willen in Form und Beschaffenheit gebracht hat, passt er das Juwel ein. Das Ergebnis ist beeindruckend. Kunstvolle und harmonische Kombinationen verschiedener Materialen und Eigenschaften haben ein neues schmückendem Element entstehen lassen. Ganz ähnlich ist es auch mit dem Kloster Helfta geschehen. Wie ein Schmuckstein präsentiert sich das Kloster in mitten der Mansfelder Landschaft, der einst mit dem Bergbau und der Industrie die Schönheit abhanden gekommen war. Die Anhaltinischen Dörfer – wie das um die Ecke – werden nie durch das Pittoreske bestechen. Sie sind aber wieder liebenswerte und behagliche Lebensräume für ihre Bewohner geworden. Schaut man hinaus auf das Mansfelder Land, könnte es an einen alten Mann erinnern, der gerade seine Sachen sortiert, die er gerne noch tragen will. Er muss wählen zwischen Neuem und alten liebgewonnenen Dingen. Dieser Landstrich ist fest in der deutschen Geschichte verwoben mit all den schmerzhaften Erinnerungen und so glanzvollen Höhepunkten. Nach genau sieben Jahrhunderten knüpft die Klosterneugründung zu Helfta an eine dieser fast schon vergessenen Blütezeiten an.
Ganz tief im Osten
Monastische Wiedergeburt im klerikalen Niemandsland
Wer sich von der Klosterpforte aus die dreissig Kilometer entlang der Bundesstrasse ostwärts auf den Weg begibt, landet in Halle-Neustadt einem Flächendenkmal sozialistischer Siedlungsgeschichte – einer Zeitepoche staatsgewollten Atheismus. Beton als Zeichen eines neuen Aufbruchs ohne Gott. In der anderen Richtung, westwärts, erreicht der Wanderer in knapp einer Stunde das Geburtshaus des ehemaligen Augustinermönchs und Bibelübersetzers Martin Luther – sozusagen die Wiege des Protestantismus. Konfessionsgeschichtlich betrachtet befindet sich das Kloster Helfta an einem äusserst spannenden Platz. Kein Akt restauratorischer Bemühungen zur Wiederbelebung des Glaubens im ungläubigsten Teil Deutschlands führte zur Neugründung des Klosters Helfta im Jahre 1999, sondern die Rückbesinnung auf die Wirkungsstätte dreier bemerkenswerter Mystikerinnen.
Zu seiner Blütezeit im Mittelalter hatte das Kloster Helfta einen untadeligen Ruf, eine anerkannte Klosterschule und wahrscheinlich einen ebenso schönen und gepflegten Klostergarten. Das alles aber konnte seinen Untergang im Jahre 1342 nicht verhindern. Im Laufe der Jahrhunderte verblasste das Bild und die Erinnerung an die drei grossen Mystikerinnen wie die Trümmer und Reste des Klosters. Die Visionen der Mechthild von Magdeburg, Gertrud der Grossen und Mechthild von Hackeborn sind uns in ihren schönen und eindrücklichen Texten über die Zeit erhalten geblieben. Wohl ihrer Strahlkraft verdanken wir den Impuls klösterlichen Lebens; wieder erwacht mitten im Land der Ungläubigen.
Vom Kloster zur Domäne und zurück
Verwendung fand sich immer für die Ländereien, den Grund und die Gemäuer, oder was von ihnen übrig blieb. So ist die Anordnung des klösterlichen Gebäudekomplexes geprägt von seiner jahrhundertelangen ehemaligen Nutzung als landwirtschaftliches Gut. Im Zentrum des Klosterhofes findet sich nicht der obligatorische Brunnen sondern ein grosser Teich mit eindrucksvoller Uferbepflanzung und Bäumen. Tatsächlich betritt der Besucher den Klostergarten, sobald er einen der Zugänge zum Klostergelände nutzt.
Die Weitläufigkeit der Anlage überrascht. Auf die Trennung von Nutzungsflächen durch Zäune und Mauern wurde verzichtet. Tore und Türen werden eher als Zugänge betrachtet, wie der alte Torbogen hinunter zu den Streuobstwiesen.
Verborgen innerhalb der Klausur befindet sich der Kreuzgang. Von seiner Existenz künden dem Besucher nur die Pläne. Paradiesische Zustände herrschen auf den Wiesenflächen hinter dem Konventsgebäude. Streuobstwiesen, Weiher, alte Baumbestände und der kleine Klosterfriedhof mitten drin. Es ist eine Gartenlandschaft, die mit einer duftenden und blühenden Insel gekrönt wurde.
Akt gewollter floraler Verwirrung mitten im Klostergarten
Ein lebendiges begehbares Labyrinth haben fleissige Gärtnerinnen der Katholischen Frauengemeinschaft Deutschlands mit einer Unzahl blühender, duftender und zum Teil heilender Pflanzen und Kräuter geschaffen. Mensch und Tier finden Gefallen daran. Das beweisen die zahlreichen Besucher, die fliegend, kriechend oder einfach nur gehend sich der üppigen Vielfalt nähern. Irgendwann auf dem Weg ins Zentrum des Labyrinths verliert sich der Blick in den schönen Blüten oder den Ausblicken über die Wiesen hinüber auf die Dächer des Klosters.
Das Labyrinth aus Blumen, Gräsern und Sträuchern will als Methapher verstanden werden. Wie so häufig im Leben geht es nicht darum so schnell wie möglich ans Ziel zu gelangen. Vielmehr stellt sich die Frage, was jeder auf seinem Weg erlebt und wem er begegnet. Schmetterlingen, Faltern, Bienen, Hummeln und Käfern wird der Besucher eher ausweichen müssen statt sie zu suchen. Heilkräuter und Heilpflanzen wurden zwischen Rosen und anderen blühenden Pflanzen arrangiert. Es ist nichts beschriftet. Nur für die Sinne wurde dieser Garten im Klostergarten geschaffen. Dieses Pflanzenlabyrinth ist eine Kraftquelle an einem ganz besonderen Ort.
Anreise und Internet-Adresse:
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