Kräuterkorb für den Monat April
Ein Hoch auf die Minze
Obwohl wir diesmal in unserem Sammelkorb nur Minze und nichts als Minze haben, ist der Korb gut gefüllt. Die Minzen oder Mentha bilden eine Gattung in der Familie der Lamiaceae (Lippenblütler). Sie sind weltweit in fast allen gemässigten Klimazonen verbreitet und gehören zu den aromatischsten Pflanzen. Typisch für die Minzen sind die einfachen, charakteristische Blätter mit dem bekannten angenehmem Geruch. Die Pflanzengattung der Minzen umfasst etwa 42 Arten, 15 Hybriden mit Hunderten von Unterarten und Sorten. Die herausragendste und bekannteste Vertreterin ist die Pfefferminze (Mentha x piperita). Gedanklich erscheint sie uns als Mutter aller Minzen. Weit gefehlt; die Pfefferminze ist botanisch ein Bastard. Der Stammbaum bezieht sich offensichtlich auf die Wasserminze (Mentha aquatica L.) und die Grüne Minze (Mentha spicata L.).[1] Sich nur auf die Pfefferminze zu fokussieren ist kulinarisch nicht lohnenswert, denn gerade ihre Geschwister bieten interessante Variationen im Aroma und in den Inhaltsstoffen.
Pfefferminze
Mentha x piperata
Inhaltsstoffe: Monoterpene, Menthol, Pulegon, Carvone, Menthone, Cineol, Menthofuran, Isomenthone, Limonene, β-Pinene, Kumarinsäure,, α-Pinene, α-Thujene, Apfelsäure, Linalool, Rosmarinsäure, Riboflavin, Kaffeesäure, Ferulasäure
Über die beachtlichen Aktivitäten der Gattung Mentha
Die Potenziale der Minze als Heilpflanze werden vornehmlich in den ätherischen Ölen und insbesondere beim Menthol gesehen. Wobei Menthol aus Minzölen gewonnen wird. Beim Pfefferminztee allerdings addieren sich die Wirkungen mit den pflanzlichen Gerbstoffe. Im Ergebnis erleben wir einen leicht adstringierenden Geschmack, der als anregend empfunden wird.
Die von Mentha-Arten gewonnenen ätherischen Öle gelten als gutes Expektorans (Arzneimittel, die den Auswurf bzw. das Abhusten von Bronchialschleim fördern). Seit Generationen finden sie als Volksheilmittel bei Erkältungen, leichten Atemwegserkrankungen und Husten Verwendung.
Anerkannt ist die verdauungsanregende Wirkung von Teezubereitungen aus Pfefferminzblättern. Anregend auf den Gallenfluss wirken die Phenolcarbonsäuren der Pfefferminze, die Chlorogen-, Kaffee- und Rosmarinsäure. Krampflösende Eigenschaften haben die Luteolin- und Apigenin-Glykoside, die in fast allen Minzarten enthalten sind. Blähungen lassen sich mit dem Genuss eines Pfefferminztees auch vermeiden oder reduzieren.[2]
Ananas-Minze
Mentha suaveolens L.
Die grün-weiss gestreiften und behaarten Blättchen der Ananasminze verströmen ein fruchtiges Aroma und zeichnen sich durch einen geringen Mentholgehalt aus.
Auf der Suche nach pflanzlichen Wirkstoffen
Ein neuer Ansatz für weitere Anwendungsgebiete fand sich bei Krebspatienten unter Chemotherapie. Durch das Auftragen von Pfefferminzöl unter die Nase, konnte das gefürchtete CINV (Chemotherapie-induzierter Nausea und Erbrechen) signifikant gelindert werden.[3] Auf der Suche nach zytotoxischen Substanzen, welche Krebszellen bekämpfen, durchforsten Forscher systematisch die Welt der Heilpflanzen und Kräuter. So hoffen sie auch in der Gattung der Minzen fündig zu werden. Wissenschaftler der japanischen Meijo Universität untersuchten 120 Heilpflanzen auf Antitumorwirkungen und stellten fest, dass Mentha-Arten die wirksamsten antiproliferativen Aktivitäten zeigten.[4] Leider reichen die bisherigen Ergebnisse nicht für die Entwicklung wirksamer Arzneistoffe oder Medikamente.
Als mögliche Auslöser akuter oder chronischer Krankheiten, zu denen auch Krebs zählt, werden die freien Radikale, die mit allen Arten von biologischen Molekülen in ihrer Nähe interagieren und Zellschäden verursachen, diskutiert. Zahlreiche Heilpflanzen, einschließlich der Gattung Mentha, enthalten einen hohen Anteil an Antioxidantien, darunter Phenolverbindungen, Ascorbinsäure und Carotinoide, die die Oxidation verschiedener Moleküle verzögern oder hemmen können. Lediglich die Ananasminze (Mentha suaveolens variegata) scheint bei den Mentha-Arten eine Ausnahme darzustellen.[5]
Mojito-Minze
Mentha spicata nemorosa
Dem Longdrink Mojito verleihen die Blätter den Frische-Kick. Der Mentholgehalt ist geringer als bei der Pfefferminze.
Mehr als nur antioxidative Eigenschaften
Die mikrobiellen Eigenschaften der Inhaltsstoffe verschiedener Minzarten sind weitestgehend bekannt. So zeigten beispielsweise die ätherischen Öle der Minze in in-vitro Untersuchungen antibakterielle Aktivitäten gegen eine Vielzahl krankheitsverursachender Keime, einschließlich gramnegativer und grampositiver Bakterien wie Pseudomonas aureus, Escherichia coli, Pseudomonas aerogenosa, Serratia marcesens und Streptococcus aureus.[6]Diese Bakterienstämme sind häufig Auslöser für Lungenentzündungen, Harnwegsinfekte, Durchfallerkrankungen und Hautinfektionen. Auffällig war, dass die Untersuchungsergebnisse uneinheitlich waren. Die Schwankungen ergaben sich aus Unterschieden im Anbau der Minze und Herkunft. Wie so oft bei Heilpflanzen und -kräutern beobachtet, hat der Standort der Pflanzen einen erheblichen Einfluss auf ihre Wirksamkeit.
Poleiminze
Mentha pulegium
Die Poleiminze, auch Flohkraut genannt, verströmt einen angenehmen minzigen Duft. Die Pflanze enthält aber das leberschädigende Pulegon. Daher ist sie nicht zum Verzehr geeignet!
Anregend gegen allerlei Erreger
Pilzerkrankungen sind für die Betroffenen nicht nur unangenehm und psychisch belastend. Sie sind verantwortlich für eine Vielzahl ernsthafter gesundheitlicher Störungen. Unerwünschte Arzneimittelnebenwirkungen bei der Bekämpfung der Pilzsporen führen oftmals zu einer weiteren Belastung für die Betroffenen. Daher ist es verständlich, dass Forscher auf der Suche nach nebenwirkungsarmen Wirkstoffen in der Welt der Heilpflanzen recherchieren. Verheissungsvolle Kandidaten sind die Pfefferminze (Mentha piperita L.) und die Gartenminze (Mentha spicata L.) zu sein.
Wie die aktuelle Lage zeigt, bereiten uns Viren zunehmend Kopfzerbrechen und können unser aller Leben auf den Kopf stellen. Immer wieder diskutiert wird die Wirksamkeit ätherischer Öle verschiedener Minzarten bei der Behandlung von Herpes simplex. Der kühlende Effekt der Öle bei äusserer Anwendung verschafft den Betroffenen Linderung. Inwiefern die Minz-Öle einen Einfluss auf die Ausbreitung des Herpes-Virus haben, ist noch unklar. Bestätigt werden konnte in bisherigen Studien, dass die phenolischen Bestandteile wie Rosmarinsäure, Luteolin und Phytol, die in den Extrakten von Gartenminze (Mentha spicata L.) enthalten sind, antiviral wirken.[7] Das sind zunächst theoretische Ansätze. Der Weg zur Entwicklung von Arzneistoffen ist aufwändig und ein oftmals langwieriger Prozess. Bis dahin rangieren die gesammelten Erfahrung als Basis für Hausmittelchen.
Rundblättrige Minze
Mentha suaveolens
Die rundblättrige Minze ist ein zartblühender Bodendecker. Sie wird wegen ihres besonderen Aromas auch Apfelminze genannt.
Ein cooles Kraut
Das Interesse an der Verwendung pflanzlicher Arzneimittel nimmt weltweit zu. Zu einem rücken die vertrauten Heilkräuter und -pflanzen der westlichen Welt (TEM) mehr und mehr in den Fokus der pharmakologischen Forschung. Alternativ durchforsten Wissenschaftler das fernöstliche Heilwissen (TCM) auf der Suche nach potenziellen neuen Wirkstoffen. Das zunehmende Interesse an pflanzlichen Heilmitteln liegt darin begründet, dass einige dieser Naturstoffe im Vergleich zu synthetischen Arzneimitteln eine geringere Toxizität und eine höhere Wirksamkeit aufweisen. Darüber hinaus kennen und schätzen wir viele pflanzliche Verbindungen wegen ihres angenehmen Geschmacks und Geruchs.
Allerdings zeigt sich auch bei den Minzen, dass viel nicht viel hilft. Es gibt auch ein Zuviel des Guten. Wahrgenommen wird das oft als ein Kältegefühl, Störungen in der Bewegungskoordination können auftreten, bis hin zu Schwindel und Benommenheit. Der übermässige Genuss von Pfefferminztee kann den körpereigenen Eisenstoffwechsel stören und sogar Anämien verursachen.
Für Kinder im Alter unter 4 Jahren sind Minz-Zubereitungen und -Extrakte ungeeignet. Menschen, die unter Erkrankungen der Gallenwege und der Leber leiden, sollten Zubereitungen und Extrakte sämtlicher Minzarten nur nach Absprache mit ihrem Arzt zu sich nehmen. Auch Sodbrennen und Reflux können unter der Einnahme von Minze-Zubereitungen sich verstärken.
Bekannte Nebenwirkungen sind allergische Reaktionen. Daher sollten besonders Menschen, die allergisch auf Lippenblütengewächse reagieren, vorsichtig bei der Verwendung von Minze sein!
Wald-Minze
Mentha longifolia
Geschmacklich stellen ihre Schwestern die Waldminze in den Schatten. Wahrscheinlich erhielt sie deshalb auch den Beinamen Ross-Minze. Dabei hat sie den höchsten Gehalt an Phenolen und die beste antioxidative Wirkung.
Quellen:
Tafrihi, M.; Imran, M.; Tu- fail, T.; Gondal, T.A.; Caruso, G.; Sharma, S.; Sharma, R.; Atanassova, M.; Atanassov, L.; Fokou, P.V.T.; et al. The Wonderful Activities of the Genus Mentha: Not Only Antioxidant Properties. Molecules 2021, 26, 1118. https://doi.org/10.3390/molecules26041118.
[1] Hänsel, R., Sticher, O., Pharmakognosie Phytopharmazie, 9. Auflage, Springer Medizin Verlag Heidelberg; 2010
[2] Hänsel, R., Sticher, O., Pharmakognosie Phytopharmazie, 9. Auflage, Springer Medizin Verlag Heidelberg; 2010
[3] Nuriye Efe Ertürk, Sultan Taşcı, The Effects of Peppermint Oil on Nausea, Vomiting and Retching in Cancer Patients Undergoing Chemotherapy: An Open Label Quasi–Randomized Controlled Pilot Study, Complementary Therapies in Medicine, Volume 56, 2021, 102587, ISSN 0965-2299, https://doi.org/10.1016/j.ctim.2020.102587.
[4] Akihiro Ohara, Tsugio Matsuhisa, Anti-Tumor Promoting Activities of Edible Plants against Okadaic Acid, Food Science and Technology Research, 2002, Volume 8, Issue 2, Pages 158-161, Released February 09, 2007, Online ISSN 1881-3984, Print ISSN 1344-6606, https://doi.org/10.3136/fstr.8.158.
[5] Park, Y.J.; Baek, S.-A; Choi, Y.; Kim, J.K.; Park, S.U. Metabolic Profiling of Nine Mentha Species and Prediction of Their Antioxidant Properties Using Chemometrics. Molecules 2019, 24, 258. https://doi.org/10.3390/molecules24020258.
[6] Soković M, Glamočlija J, Marin PD, Brkić D, Griensven LJLDv. Antibacterial Effects of the Essential Oils of Commonly Consumed Medicinal Herbs Using an In Vitro Model. Molecules. 2010; 15(11):7532-7546. https://doi.org/10.3390/molecules15117532.
[7] Ma L, Yao L. Antiviral Effects of Plant-Derived Essential Oils and Their Components: An Updated Review. Molecules. 2020;25(11):2627. Published 2020 Jun 5. doi:10.3390/molecules25112627