Nicht alles heilt, was blüht!
Das kleine Immergrün (Vinca minor) – eine beliebte Schmuckpflanze in Vorgärten
Lavendelblaue Blüten auf glänzendem tiefgrünen bodendeckenden Blattwerk erfreuen in diesen Tagen unsere Blicke. Das kleine Immergrün ist ein recht verbreiteter und beliebter Schmuck in Vorgärten, Parks und zuweilen auch auf Friedhöfen. Bekannt ist die Pflanze auch unter dem Namen Hundsgift. Diese Bezeichnung sollte uns aufmerken lassen und warnen. Zwar wird in der Literatur und in einigen Foren das kleine Immergrün immer wieder als Heilpflanze erwähnt, aber das sollte auf keinen Fall uns zur unreflektierten Verwendung verleiten!
Der hohe Gehalt an Alkaloiden in allen Pflanzenteilen (z.B. Vincamin, Eburnamenin) ist der Grund für die Giftigkeit der Pflanze. Für den pharmazeutischen Bedarf wird Vincamin aus Pflanzen extrahiert oder synthetisch hergestellt. Der Wirkstoff Vincamin kann bei Krankheitsbildern in Verbindung mit Durchblutungsstörungen besonders im Kopfbereich eingesetzt werden. Dazu zählen Gefässverkalkungen, Demenzerkrankungen, Mangeldurchblutung an Auge und Ohr. Die ausschliessliche Verwendung von Präparaten aus der Apotheke sichert hierbei die richtige Dosierung und Konzentration der Wirkstoffe!
Problematisch sind die grossen Schwankungen der Wirkstoffkonzentrationen in den Pflanzenbestandteilen. Sie lassen es faktsich zu einem schwer kalkulierbaren Risiko in der Anwendung werden. Im Rahmen der wissenschaftlichen Begutachtung für die Verwendbarkeit als Heilpflanze wurden Veränderungen des Blutbilds (Leukozytopenie, Lymphozytopenie) als nicht vertretbares Risiko eingeschätzt (Monografie der Kommision E am BfArM). Das verweist auf ein weiteres therapeutisches Potenzial als Zytostatika, was aber nur für Fachleute zugänglich ist.
Beim kleinen Immergrün verhält es sich ähnlich wie beim Fingerhut. Die Pflanze enthält pharmazeutisch wirksame Stoffe, die erst durch Isolation und exakte Dosierung therapeutisch anwendbar werden. Freuen wir uns am schmückenden Grün und den Blüten des Immergrüns. Bedenken wir, dass in vielen Pflanzen und Kräutern eine Kraft steckt, die wir selbst nicht entfesseln können. Umso mehr verdienen sie unser Staunen und Respekt, dass die Welt voll ungeahnter Wunder und Möglichkeiten ist.