Pflanzen entdecken leicht gemacht
Wer mag schon die schweren Bücher zum Pflanzenbestimmen im Rucksack mitschleppen?
Im Zeitalter des Smart-Buttons erscheint es fast schon ein Anachronismus, in Büchern zu wälzen, nachzuschlagen und die richtige Bezeichnung für ein Blümlein herauszufinden. Ja, das gibt es noch! Tatsächlich nehmen sich Menschen noch die Muse und Zeit dafür. Sogar ein paar Kilo mehr Gewicht im Rucksack nehmen sie dafür in Kauf.
Sie haben Spass dabei!
Auf den Spass unterwegs neue Pflanzen kennenzulernen muss keiner verzichten. Den Old-School-Methoden des Bücherwälzens und -schleppens muss keiner mehr huldigen. Unsere schöne neue digitale Welt hat endlich brauchbare Lösungen parat, die ganz einfach in die Hosentasche passen. Die App-Shops bieten mittlerweile eine grössere Auswahl an mobilen Lösungen. Ihre Treffsicherheit preisen sie alle. Bunte Bilderchen fehlen bei keinem.
Liefert jemand das richtige Ergebnis auf Knopfdruck?
Wie immer erheben wir hier auf dieser Website keinen Anspruch auf Vollständigkeit und Richtigkeit. Es wurden drei Applikationen unabhängig voneinander getestet. Alle drei Versionen im Test sind kostenlos. Eine davon überzeugte auf Anhieb und begeisterte zugleich. Doch der Reihe nach.
Ein gutes Angebot aus Finnland.
NatureGate ist ein finnisches Online-Projekt, das von der Begeisterung zur Natur lebt. Fotografen, Programmierer, Biologen, Enthusiasten haben der Plattform zu Leben verholfen. Inzwischen ist das ursprüngliche Angebot zur Artenbestimmung von Pflanzen auch auf Vögel, Schmetterlinge und Fische erweitert worden. Die Semantik für das Artenverzeichnis entspricht eher den botanischen Bestimmungsbüchern. Es werden Angaben zum Fundort und Blütezeit der Pflanze abgefragt. Eine andere Abfrage orientiert sich an der Blütenform, Anzahl der Blütenblätter und der Farbe, den Formen und Gliederungen der Blätter, sowie Höhe und dem Wuchs, Wurzeln und anderen Eigenschaften. Anhand der getroffenen Selektion erscheint dann eine Auswahl an guten Pflanzenfotografien. Nicht immer war ein Treffer dabei, aber in vielen Fällen war das Tool in der Vergangenheit eine grosse Hilfe.
NatureGate steht aktuell nur als Online-Version zur Verfügung. Die App ist aus unerfindlichen Gründen im App-Store bei Apple nicht gelistet. Die Android-App wurde nicht getestet.
Die Testergebnisse im Überblick:
NatureGate
Website-Anwendung mit Abfrage nach Pflanzenmerkmalen, Suchergebnisse in Auswahlliste, ohne Registrierung
Flora Incognita
Treffsichere Foto-Suchergebnisse mit einem Klick, professionelle Analyse, einfache Handhabung, ohne Registrierung,
PlantSnap
Komplizierter Suchmechanismus mit unbefriedigenden Resultaten, darüber hinaus ist die Registrierung erforderlich
Pocket botanists without a clue.
PlantSnap ist eine typisches Produkt einer Start-up-Schmiede. Hier stand eindeutig die Idee des Geldverdienens und des Umsatzes im Vordergrund. Das ist an sich nicht verwerflich. Es ist aber ärgerlich, wenn ein Produkt versprochen wird, was die Erwartungen nicht erfüllt. Noch bevor die erste Suchanfrage gestartet werden kann, rauschen erst einmal eine Menge Daten vom eigenen Gerät nach Menlo Park und Dublin. Es ist das Anlegen eines Accounts erforderlich, der über Facebook oder Google erstellt werden kann. Drei unterschiedliche Suchanfragen brachten jeweils drei Mal ein falsches Ergebnis. Die aufgeführten Alternativen hatten nicht einmal annähernd mit dem getesteten Objekt einen logischen Zusammenhang. Das ist allerdings ein wenig Übertreibung, die Farbe der Blüten stimmte jeweils.
Konzipiert ist die App als reines Verkaufstool. Zu jeder Suchanfrage gibt es natürlich die passende Werbung und Verkaufsangebote – also scheint der Algorithmus doch zu funktionieren. Wer dennoch weitersuchen will, erhält prompt das nächste unschlagbare Angebot zugespielt.
AI in feinster Usability.
Flora Incognita ist ein Projekt der TU Ilmenau und des Max-Planck-Instituts für Biogeochemie in Jena. Es ist ein lernendes System mit einer verblüffend hohen Trefferquote und Geschwindigkeit. Die App ermöglicht drei Wege Pflanzen zu bestimmen. Sie hat einen alphabetisch geordneten Pflanzenkatalog, der so umfassend und akribisch geführt ist, dass dem Laien die Augen übergehen. Damit es soweit nicht kommt, gibt es die Kernfunktion der App. Man macht das, was man sowieso gerne tun will: ein Foto! Das Foto wird in der App geschossen. Im nächsten Schritt signalisiert die App, ob sie noch mehr Details benötigt – also noch ein Foto vom Blatt, der Blüte etc.. Die Resultate sind erstaunlich schnell und treffsicher! Dass Akademiker am Werk waren, wird deutlich an der Abfrage, ob das übermittelte Resultat stimmt, oder der User einer anderen Meinung ist. Da bekommt der Begriff ‚Artifical Intelligence‘ eine ganz praktikable Bedeutung – Ein lernendes System.
Dann gibt es noch eine Memory-Liste mit den selbstgeschossenen Fotos und den Pflanzennamen dazu. Bei Lust und Laune kann der eigene Katalog jederzeit zum Blättern oder Nachfragen genutzt werden.
Die Flora Incognita-App verlangt keine Nutzerregistrierung, lediglich die Standortfreigabe für die Kamera. Die Lokalisationsdaten fliessen an die Wissenschaftler zurück. Sie nutzen sie, um Veränderungen und Verschiebungen in der Pflanzenwelt zu analysieren.