Rindenmedizin
Vorstellung des Buches von Eunike Grahofer über altes Heilwissen
Die Pflanzenheilkunde beschäftigt sich traditionell mit Blüten, Blättern, Früchten Wurzel und in einigen Fällen, wie beispielsweise im Falle der Eiche mit der Rinde. Ein ganzes Buch hat die bekannte österreichische Autorin Eunike Grahofer allein dem Thema ‚Rinden-Medizin‘ gewidmet. Rinden sind meist ein trockenes, derbes Material. Passenderweise hat Frau Grahofer dafür den Untertitel ‚Die Apotheke der Knochenrichter, Holzknechte und Hebammen‘ gewählt. Er kommt ein wenig rustikal daher, trifft es aber auf den Punkt. Rinden waren offenbar vor allem Heilmittel der armen Leute, der Mittellosen, der Bauern. Berührend ist die Geschichte vom Kiefernrindenfladenbrot, das wegen Hungers gebacken wurde. Es ist ein Buch ausschliesslich aus der Sicht der Volksmedizin geschrieben. Das ist das Besondere an diesem mehr als 250 Seiten umfassenden Buch. Bezüge zu naturwissenschaftlichen Erkenntnissen, Erklärungen oder Einlassungen zu Inhaltsstoffen wurden bewusst nicht geknüpft und ausgelassen. In aller erster Linie ist Frau Grahofers Buch über die Rinden-Medizin eine sehr umfangreiche Sammlung von überliefertem Wissen aus der Volksheilkunde. Dankenswerterweise hat sie es zusammengetragen und aufgeschrieben. Viele ihrer Geschichten entstammen einer längst vergangenen Zeit. Dieses Wissen ist bewahrenswert, weil es wertvolle Informationen und Hinweise auf Heilwirkungen von Pflanzen sozusagen konserviert. Wissen, das Mund zu Mund und von Generation zu Generation weitergegeben wird, ist stets gefährdet irgendwann verfälscht oder völlig vergessen zu werden. Möglicherweise finden sich in den vorhandenen Kenntnissen zukünftige Ansätze für die pharmazeutische Forschung, die sich im Moment viel zu sehr auf die Wirkstoffe in Pflanzen konzentriert. Der Zuwachs an neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen im Bezug auf die Pflanzenheilkunde ist gering, was deutlich die aktuellen Reviews der Monografien seitens der EMA/HMPC zeigen. Ein reverser Ansatz wäre denkbar und wünschenswert. Das heisst, die Forschung hätte ihren Ausgangspunkt im bekannten Wirkungsspektrum, möglichweise auch im Wissen der Volksmedizin. Das Buch bietet Quellen und Anregungen hierfür.
Ein Geschichtenbuch ist es nicht. Genauso wenig eignet es sich als Nachschlagewerk. Vielmehr ist es eine Einladung zum Ausprobieren und Sammeln eigener praktischer Erfahrungen. Kapitel für Kapitel widmete sich die Autorin den Bäumen und einigen Sträuchern. Der Duktus erinnert an Maria Treben. Umfangreiche Rezepte, Wissenswertes und interessante Geschichten sind miteinander verwoben. Die ausführliche und liebevolle Bebilderung gibt dem Leser Orientierung und Einblicke in die Sichtweise der Autorin. Grafisch ist es übersichtlich und sorgfältig aufgearbeitet. Geschmacksache sind die Eulen auf einigen Seiten. Ein Bildfehler ist aufgefallen. Statt der Birke hatte sich die Buche ins Bild gedrängt. Sicherlich findet sich die Korrektur in der nächsten Auflage.
Erschienen ist das in Hardcover gebundene Buch im Freya-Verlag.
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