Ein schönes Stück Geschichte
Die alten Römer verehrten Minerva als Schutzgöttin der Handwerker, der Zünfte und Gewerke. Ihr muss der Fleiss der Arbeit gefallen haben, und sie sorgte fürs Gelingen. Ganz in ihrem Sinne gedeihen am Hang über dem Hafen von Salerno in einem Garten eine Vielzahl von Heilpflanzen und botanischen Raritäten. Ohne Fleiss und Anstrengungen würde das Kleinod nicht mit seiner üppigen Pracht die Besucher beeindrucken und ein fast schon vergessenes spannendes Stück Geschichte erzählen.
Angelegt wurde der Garten bereits im Mittelalter im 12. Jahrhundert von der Familie Silvatico, dessen Spross Matteo Silvatico (1285-1342) später zu einem der berühmtesten Söhne der Stadt Salerno aufsteigen sollte. Er lehrte an der berühmten Scuola Medica Salernita, der Wiege universitärer Ausbildung für Ärzte. Im Zuge seiner Lehrtätigkeit soll er den Garten auch als Anschauungsobjekt für seine Studenten genutzt haben. Überliefert ist der Anbau von Heilkräutern zu seiner Zeit an diesem Ort. Es könnte sich um einen Vorläufer der botanischen Gärten gehandelt haben. Allerdings sollten weitere dreihundert Jahre vergehen, bis die Unterrichtung in Gärten ein Bestandteil universitärer medizinischer Ausbildung werden sollte – so wie in Padua.
Gärten wie diesen soll es in Salerno mehrere gegeben haben. Wen wundert es? Das Klima ist mediterran gemässigt, und Wasser kommt ausreichend von den Bergen herab. Wer geschickt die Quellen zu nutzen wusste, musste sich um die ausreichende Bewässerung keine Gedanken machen. Wie so etwas funktioniert, zeigen die vielen kleinen Kanäle, Gräben, Becken und sprudelnden Brunnen im Gardino della Minerva. Alle fünf Terrassen werden mit diesem ausgeklügelten System versorgt. Die Nachfrage für Heilkräuter dürfte zur Blüte der Salerner Medizinschule hoch gewesen sein. Zumeist waren es Pflanzen und Kräuter, die als pharmazeutische Heilmittel damals verfügbar waren.
Im Laufe der Jahrhunderte wechselten die Besitzer. Manche meinten es gut mit dem Garten. Andere kümmerten sich weniger um ihn. Einiges wurde neu geschaffen, wie die Pergolen und die langen Treppen. Anderes wurde Opfer der Zeit und korrodierte vor sich hin. Wie das so ist mit einem Garten und seinen Besitzern. Letztlich wurde das Grundstück einem gemeinnützigen Verein übertragen und wurde schlussendlich städtisches Eigentum. Um die Jahrtausendwende gab es eine Restaurierungskur für den gesamten Garten, der den Pflanzenbestand auf über 270 Arten ansteigen liess.
Heute ist der I’orto botanico ‚Giardino della Minerva‘ ein Pilgerort für Heilpflanzeninteressierte. Sie spazieren meist in kleinen Gruppen hinauf durch die malerischen Gassen der Altstadt zum pflanzenberankten Tor des Gartens. Für Stunden verschwinden sie in dem kleinen Eingang, um dann viel später mit einem glückseeligen Lächeln gezeichnet in die Stadt zurückzukehren. Es braucht Zeit um jeden Winkel des Gartens und alle Terrassen besucht und besichtigt zu haben. Dabei bleibt der Blick nicht auf dem Boden gehaftet – bei dem herrlichen Blick aufs blaue Mittelmeer.
Hier gibt es einen kleinen Ausblick auf die umfangreiche Pflanzensammlung.